Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben

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5. Juli 2007

Immer wieder hörte ich in letzter Zeit über die Medien, daß Führende der Kirchen beklagen, daß Individualismus den Glauben zersetze. Manche sagten nicht Individualismus, sondern "individualistische Bestrebungen"

Ja es ist ein Unterschied, was die einzelnen meinen. Jeder "ismus" ist maßlos und schädlich und schon bei der Aussage "individualistische Bestrebungen" ist es ratsam, gut hin zu hören, was denn gemeint ist. Immerhin gibt es für Führenden die Versuchung, Initiativen Einzelner nicht nur zu ignorieren, sondern lächerlich zu machen, obwohl diese keineswegs berechtigte allgemeine (gemeinschaftliche) Forderungen in Frage stellen. Außerdem gibt es die Versuchung, begehrlich Einblicke (kontrollierende Macht) in innere Bereiche der "anvertrauten Schäfchen" haben zu wollen.

Der Einzeln, das Individuum, muß wissen, es gibt den unheilvollen Trend der Gleichmacherei. Diese Versuchung kann sogar im Einzelnen selbst liegen, es ist nun mal bequem, sich dem Sog dessen, was "man" so tut, anzuschließen. Es gibt jedoch auch die Einsicht, ja die Sehnsucht des Menschen, den ureigensten Lebensweg zu finden und zu gehen. Vieles davon vollzieht sich im geschützten persönlichen Bereich. Es ist wichtig, selbst auf den Schutz dieser Zone zu achten. Es können da eigene Maße und eigen Lösungen herausgefunden werden. Der abschließbare ureigenste Bereich ist dann den "Großlösungen" nicht ausgeliefert. Jesus geht davon aus, daß jeder so einen abschließbaren Raum findet. Offensichtlich ist es Jesus wichtig, daß jeder ganz persönlich und direkt vor seinen Gott kommt ("geh in dein Zimmer, schließe die Türe ab...") Jeder andere Mensch- und sei es der größte Meditations- Meister- stört und verfremdet da nur. Jetzt trage ich nach, was ich am 6.7.07 zufällig im Radio hörte: Es wurde die Ansicht vertreten, Neues wird immer nur vom Einzelnen erfaßt. Als ein Beleg wurde die Beobachtung gebracht, daß Gruppen oder Paare, die ein Museum betreten, dann doch immer nur einzeln vor den Bildern stehen. Ein einziges Mal sah der Autor, daß ein Paar im Museum eisern beieinander blieb. Man ging diesem Sonderfall nach und es stellte sich heraus, daß die Frau blind war.

Jesus verspricht, daß dort, wo zwei oder drei in seinem Namen zusammen sind, er selbst mitten in dieser Gemeinschaft ist. Auch so eine kleinere Gruppe braucht- so wie auch größere Gruppen einen geschützten Raum.

Die von den Schülern Gottes erwartet Originalität ist gefährdet, wenn der Mensch das bereits Vorhandene in sich, in seinem anvertrauten Umfeld nicht durchdringt, erfaßt und nutzt. Und: Wenn der Mensch zu träge ist, notwendige Änderungen durchzuziehen. Es wird ganz persönliche Wachsamkeit für das Eigentliche gebraucht

 

7. Juli 2007

Jede falsche Vorfixierung rechnet gleich gar nicht mit unerwarteten Chancen in einer Situation. Und wenn die Zeit eines Menschen zu Ende geht muß mehr denn je das "Verkaufen" (Sichlösen) und das "Kaufen" (Wiederannehmen oder das Aufgreifen einer neuen Sache) muß schnell gehen.

Eben (19 Uhr 10)schaltete ich kurz den Fernseher (ZDF)ein. Folgendes war gerade zu hören: "Was vielen Generationen heilig war, kann jetzt nicht schädlich sein." sagte Papst Benedikt, XVI. Weil ich nicht weiß, auf welchen Zusammenhang hin dieser Satz gemünzt war, protestiere ich nur sehr allgemein gegen diese Aussage: Wenn diese Aussage gültig wäre, dann wären wir noch unseren heidnischen Vorfahren verpflichtet, denn für sie war Aberglaube heilig.

 

8. Juli 2007

Eben hörte ich durch eine kath. Radiosendung die Formulierung des Passauer Bischofs (Schraml?) eines Gebetes für das ausgerufene Jahr der geistlichen Berufe. Es kam eine ganze Latte von geistlichen Männerberufen. Und bevor schließlich die Familie als Quelle für geistliche Berufungen genannt wurde, kam einmal auch die Rede auf "Männer und Frauen" nämlich die Berufung zum Ordensleben. Es ist merkwürdig, wie oft meine Gedanken kirchlichen Verlautbarungen vorauseilen. Zwei Beispiele des heutigen Tages nenne ich: In der Sendung "Kath. Welt" wurde von einem Professor (Dozent) berichtet, der in seinen Werken und Vorlesungen von der religiösen Durchdringung der Politik (in allen Weltanschauungen) berichtete. Der frühere bay. Kultusminister Hans Maier berichtete dabei auch von diesem Kollegen zur Zeit seiner Arbeit als Dozent der Philosophie an der Uni München. Es war die Rede davon, daß er das Christliche in der Politik schätzte, aber auch vor der Instrumentalisierung warnte.

Am 21.Juni 2007 und am 22.Juni 2007 schrieb ich von der Instrumentalisieren, vom Sich an Gott vergreifen.

Am 1.Juli2007 schrieb ich von der persönlichen Berufung und am 5.Juli 2007 schrieb ich vom Trend christlicher Religionsführer Glaubenszeugnisse von "Nichtgeweihten" (also Nichtberufenen??) zu ignorieren oder gar lächerlich zu machen.

Heute morgen, gleich nach dem Aufwachen beschäftigte mich das Problem, daß ich Arbeiter im Weinberg des Herrn wurde und blieb, obwohl mir hochgeachtete "geistlich Berufene" mitteilten, daß das, was ich als Berufung erlebte nichts anderes ist als verdorbenes Unbewußtes. Alles war nichts anderes als meine plumpe Natur.

Als ich dann um 8 Uhr 30 in einer evangelischen Sendung über Kindererziehung hört, was gute Wegweiser auszeichnet (z.B. "am Rand stehen" nicht "im Weg stehen"), da dachte ich: Darum habe ich mich in den 9 Jahren meiner Arbeit als Religionslehrerin (nebenberuflich) in einer Berufsschule bemüht. Als dann gesagt wurde, daß ein Wegweiser "verständlich" reden muß, dachte ich: in der Brufsschule ist das mir halbwegs gelungen. Aber, ich ärgere mich im Nachhinein über manchen Brief, von dem ich jetzt sagen muß: Dieses Ziel "Verständlichsein" ist mir nicht gelungen. Zum Glück gab es doch nicht wenige Briefe, von denen ich sagen kann: Wer wollte, konnte sie verstehen.

Allerdings: so mancher jahrelang ausgebildeten und richtig geweihten Wegweiser redete so auf mich und auf andere ein, ohne daß er verstanden wurde.

In der Radiopredigt aus Passau wurde gesagt, Berufung müsse aus einer inneren Beziehung zu Gott kommen. Nun, was macht so eine Laienfrau, die zum Beispiel im Alter von vierzig Jahren von Gott intensiv angesprochen und dann in seinen Weinberg berufen wird. Sagt man ihr dann sie soll den Blumenschmuck in einer Kirche als Arbeit in Gottes Weinberg übernehmen? Belehrt man sie und erst recht Gott so ähnlich wie Theresia, die Große (die Heilige) es mit einer Küchenschwester machte, die ihr Arbeitsleben nicht ausschließlich zwischen Kochtöpfen und Pfannen zubringen wollte. Theresia wußte über Jesus Bescheid und so sagte sie der Mitschwester, man könne Jesus auch zwischen den Pfannen finden. Fehlt nur noch, daß sie sagte, man könne den Pfannen auch seinen Glauben bezeugen.

Mir will nicht in den Kopf, daß man Christen (praktisch, also in der Realität) weithin einteilt in prophessionelle Zeugen des Glaubens und in Weltmenschen, die durch die Prophessionellen (geistlich Berufene) betreut werden müssen. Hat Jesus vor seinem Heimgang zum Vater nicht alle seine Jünger zur Arbeit im Weinberg, zum Weitersagen der Nachricht Jesu berufen. Wenn Jesus, wie oben von der 40jährigen Hausfrau geschrieben, intensiv anspricht, läßt die sich dann auf die Maße der prophessionellen Wegweiser ein, wenn diese sich blockierend in den Lebensweg dieser Frau stellen. Wenn sie ihr klar machen, das, was sie als intensive Begegnung mit Gott erlebt habe, sei ihr ganz normales (natürliches) Unterbewußtsein. Eine besonders tückische Form des Egoismus, also religiös getarnte Wichtigtuerei treibe die Frau an

Weil die Frau ihre untergeordnete (untergebene) Rolle so schnell nicht los wird, geht sie heim, schließt ihre Zimmertüre zu und schreibt in ihr Tagebuch, was sie denkt. Oder sie spricht ihre Erregung auf ein Tonband auf. Das geht schneller und ihre Ehefrau- und Mutterpflichten sollen ja weiterhin ernst genommen werden.

Beim Aufsprechen sieht sie den professionellen Wegweiser vor sich. So kommt auf Band, was sie ihm und seinen Gesinnungsgenossen gerne ins Gesicht sagen wollte, was aber in der Realität unmöglich ist.

Sie sagt: Mußte es nicht so kommen? Ihr seid doch zuerst und zuletzt Euren Wegweisern verpflichtet. Euer Herz ist nicht frei (merkwürdig,der Computer setzt in Minidruckbuchstaben über das Wort "frei" den Verbesserungsvorschlag" Freitag") Ihr seid Euch und Euresgleichen so verpflichtet, wie seinerzeit die religiösen Wegweiser, als sie geschlossen dafür warben, daß Barabbas freigelassen wird und Jesus gekreuzigt werden muß.

Jesus war ungehalten, als die Jünger das Zeugnis der Maria Magdalena für null und nichtig ansahen. Was wird am Ende Eurer Tage sein, wenn ihr gefragt werdet, warum ihr so zäh an der Haltung der hartherzigen Jünger festgehalten habt und diese Tradition auch noch als heilige Treue zu Jesus ausgerufen habt.

Oft genug merkte ich, warum ihr gar nicht anders konntet, wenn ihr mir euer begehrliches Unterbewußtsein unterstellt habt: Ihr wart zu für Weisungen von Gott selbst. Ihr wolltet mit Euch und Euresgleichen nicht in Konflikte kommen. Und Gott hattet ihr ja wegen eurer Weihe ohnehin "in der Tasche". Und dieser Gott ist ohnehin verpflichtet seinen Geist den Amtsleuten zu geben, so daß der Oberste Amtsträger unfehlbar über Glaubensdinge Bescheid weiß. Und ich halte dagegen, was Jesus einem religiösen Würdenträger zum Neugeborenwerden sagte: "..wie der Wind, du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht..."Eigentlich hatten die Amtsträger viel Zeit, zu verstehen, was Jesus meinte, als diese ihr die Fähigkeit der Frau Maria Magdalena gültiges (wahres!) Zeugnis zu geben, absprachen. Sie haben noch nicht gelernt, die Weisungen Gottes ernsthaft als gültig anzusehen, sie sind einfach zuerst und zuletzt offen für sich und ihresgleichen.

 

10. Juli 2007

Nun bin ich überrascht, gleich bei meinem ersten handgeschriebenen Internetbrief (26.5.98) geht es um die Berufung eines Einzelnen: Jesaja 51,2-7: "Blickt hin auf den Felsen, aus dem ihr gehauen...Blickt hin auf Abraham, denn ich rief ihn als einen einzelnen und ich segnete und mehrte ihn... denn Weisung geht von mir aus, und mein Recht werde zum Licht der Völker...Hört auf mich..., du Volk, in dessen Herzen mein Gesetz ist. Fürchtet nicht die Schmähung der Menschen und erschreckt nicht vor den Hohnreden der Menschen.

"Du Volk, in dessen Herz mein Gesetz ist." Hier darf Jesaja die Erfüllung der Verheißung aussprechen. Wer das erfaßt, wer das redlich anstrebt, der kann getrost andere auftrumpfen lassen, sie seien das eigentliche Volk Gottes, ihre Repräsentanten hätten den lückenlosen Handschlag von den Aposteln. Wer Gottes Gesetz im Herzen verspürte, weiß um den Anspruch Gottes, weiß um die Gefährdung. Und die Bitte: "Führe uns nicht in Versuchung" heißt auch, vergeßt nicht eure Versuchbarkeit, hütet euch durch Überheblichkeit Gott herauszufordern.

 

12. Juli 2007

In der gestrigen Tageszeitung wurde ein Interview mit dem Regensburger Bischof Müller zur Erklärung der Glaubenskonkregation veröffentlicht. Der Bischof zitiert die Confessio Augustana. Demnach ist die wahre Kirche die Gemeinschaft der Gläubigen, in der das Wort Gottes evangeliumsgemäß und die Sakramente stiftungsgemäß verwaltet werden.

Rede ich etwa nicht "evangeliumsgemäß", wenn ich sage: "...die Sakramente stiftungsgemäß gelebt (bzw. erlebt) werden

Die Wirklichkeit Kirche verstehe ich so: Jeder, der sich zu Christus bekennt und redlich sich müht, die Nachricht Jesu wahrheitsgemäß zu erfassen, gehört zur Gemeinschaft der Kirche Jesu.

An der kunstfertigen, theologische Diskussion darüber, welche Kirche die richtige Zahl der Sakramente hat, habe ich mich nie beteiligt. In meinem Leben mußte ich beobachten, daß gerade "kleine, gewöhnliche" (auch junge) Menschen den Gipfel ihres Aufruhrs gegen Gott und die Welt im Fluchwort "Sakrament" sehen. Die Aussage "Verwaltung der Sakramente" bringt Fremdes in Jesu Nachricht. Und es betoniert die Gleichgültigkeit für das wahrhaft neue Vermächtnis: Christus ist der einzige Mittler (Vermittler) für das direkte, unmittelbare Stehen des Menschen vor Gott. Die Taubheit der Katholiken gegen den behaupteten Anspruch Marias, die Mittlerin (oberste Priesterin) des Zugangs zu Christus zu sein hat mit dem Verwaltungsanspruch der Obrigkeiten zu tun, der sogar Gott die Hände bindet, wenn er sein Erlösungsvorhaben dem versprochenen (verheißenen) Ziel zuführen will. Es gehört nun mal zum Evangelium, daß Christus die Gebote und die Propheten des Alten Bundes anerkennt.

Es war nun 11 Uhr 58. Gerade hatte ich dem Computer "Ruhepause" verordnet und den Fernseher (ZDF) eingeschaltet als die Nachricht kam, daß ein LKW-Fahrer mit schwerem Gerät aus dem FÜHRER-.HAUS befreit werden mußte. Es ist mir bekannt, daß ich verlacht werde, weil ich darin eine zeichenhafte Fügung (Warnung) sehe.

 

13. Juli 2007

Als Paulus sinngemäß formulierte, daß der Glaube alleine zur Seligkeit führt und das Tun (Werke) dazu nichts beiträgt, hatte er vielleicht, so wie Luther später auch Situationen und Erlebnisse zu verkraften, die suggerierten: Mensch, streng dich an, beeindrucke Gott, dann wendet er sich dir zu. Der Mensch neigt dazu, bei beobachteten (wahrgenommenen) Entgleisungen Zuflucht in der gegenteiligen Entgleisung zu nehmen.

Bei meiner Arbeit als Religionslehrerin in einer Berufsschule, lag mir sehr daran, immer wieder einmal daran zu erinnern, daß einer der beiden Schächer erst. am Ende seines Lebens umkehrte. Ich gab meinen Entschluß preis, wann immer ich Verkehrtheiten meiner Einstellungen und meines Tuns , einsehen kann, sofort entschlossen umzukehren.

Man könnte sagen, dieser Schächer hat nur geglaubt, kein Tun ist zu sehen. Ja, er hat geglaubt und er vollzog (Tat!) die Umkehr. Er wies seinen höhnenden "Kumpel" zurecht. Außerdem war vom Zeitpunkt der Umkehr an, sein Leiden am Kreuz ein solidarsches "Tun" für Jesus. Jesu Aufforderung an seine Jünger, täglich das Kreuz anzunehmen, beinhaltet die Erwartung an seine Jünger, ihm zu glauben und zu vollziehen. Das Hören und das daraus folgende Tun ist die selbstverständliche Konsequenz. Glauben und Tun darf nicht getrennt gesehen werden. Jesu Worte und sein Tun belegen das. Jetzt trage ich nach, was ich am 15.7.07 durch einen kath. deutschen Gottesdienst aus Rom (ZDF) erfuhr: Lukas 10,25-37 Ein Gesetzeslehrer fragt Jesus, was er tun muß, um das ewige Leben zu erben (um selig zu werden).

Zum Glauben im Sinne Jesu gehört unverzichtbar das Hören. Lukas 6,49: "Der aber gehört und nicht getan hat ist einem Menschen gleich, der ein Haus auf die Erde baute ohne Grundmauern, der Sturm stieß daran, und sogleich fiel es, und der Sturz seines Hauses war groß." Es reizt mich an dieser Stelle Folgendes zu sagen: Dann kommt ein psychologisch geschulter Trostprediger und sagt diesem Menschen: Tröste dich, es wird alles gut, du hast ja geglaubt und du glaubst jetzt noch, auf Werke (aufs Tun) kommt es zuletzt gar nicht an. Die Gnade ist jedem sicher, dafür starb Jesus am Kreuz.

 

14. Juli 2007

Gestern erlebte ich durch einen Fernseh- Serienfilm mit, daß es sehr schmerzhaft ist, während einer Schwangerschaft das Kind zu verlieren, wenn das Kind nicht lebensfähig oder tot zur Welt gebracht werden muß. Es stiegen eigene frühere Ängste in mir hoch. Zum Beispiel daß ich gezwungen war (eine Kollegin meldete sich plötzlich krank) an einem Tag gleich in zwei Berufsschulklassen die Abschlußprüfung im Fach Kochen durchzuführen. Es waren 9 Stunden konzentrierte Arbeit zu bewältigen. Gegen Ende dieser Arbeit gab es Anzeichen einer drohenden Fehlgeburt.

Es gab noch andere Ängste: Wir wohnten in Augsburg und an zwei Wochentagen hatte ich Unterricht in einer Berufsschule in Kempten zu halten. Dafür hatte ich zwei Tage in der Woche bei einer jungen Witwe mit Kind gewohnt. Der Junge hatte einen Hamster und man überredete (bedrängte) mich, den Hamster an mich zu nehmen. Mir war gar nicht wohl. Ob ich damals schon wußte, daß ich schwanger war, weiß ich jetzt nicht mehr. Sicher ist, daß der Hamster eine Woche später überraschend verendet war und ich wußte, daß ich sch:wanger war. Die Angst, daß das Tier mich mit einem Virus angesteckt hat verfolgte mich eine ganze Weile. Es plagten mich Vorwürfe, daß ich mich mehr oder weniger zwingen ließ, das Tier zu streicheln. Ein Gutes hatte diese Vorwurfsphase: Bei meiner zweiten Schwangerschaft trafen wir (meine Familie und ich bei einem Spaziergang) eine frühere Kollegin mit ihren zwei Kindern. Als ich hörte, daß eines der Kinder Windpocken hat, nahm ich sofort Reißaus. Ich begründete das mit meiner Schwangerschaft. Daß man mich als überängstlich ansah, wußte ich bereits von der ersten Schwangerschaft. Da sagte ich einen Besuch ab, weil ein Kind der Familie Masern hatte.

Bei unseren beiden Kindern war ich Gott dankbar, daß sie nicht vorzeitig zur Welt kamen, aber immer mischten sich meine Sorgen und Ängste nachträglich in die Erinnerung. Der gestrige Film machte mir bewußt, daß diese Ängste gar nichts sind neben der schlimmen Erfahrung, ein Kind verloren zu haben. Das hatte mich so erfaßt, daß ich mitten im Film den Fernseher ausschaltete. Es war kein Interesse da, zu erfahren, wie das Ganze weitergeht. Als ich etwa zwei Stunden später nach getaner Hausarbeit ausruhen wollte, machte ich eine einmalige Erfahrung: Das Glück der Schwangerschaften und der Umgang mit den zwei Kleinen sah ich ohne Erinnerung an die Mühen und Sorgen. Spontan dachte ich: So wird es am Ende im Reich Gottes sein: Alle Tränen sind getrocknet.

Es schlossen sich an dieses allgemeine Erinnern an das Glück noch konkrete glückhafte Erinnerungen an glückhafte Wendungen an: Es gibt Zeittafeln, die Anhalt dafür sind, welche Entwicklungsschritte in welcher Zeit erfolgen sollten. Bei unserer Tochter wartete ich bereits einige Wochen darauf, daß sie den Drang hat, sich auf ihre Füße zu stellen. Um so mehr war ich überrascht als sie sich recht plötzlich an den Stäben des Laufstalls hochzog und auf eigenen Füßen stand. Sie krähte so laut vor Freude, daß eine Freundin, mit der ich gerade telefonierte, fragte, was da bei uns los sei.

Nun eine andere Wende, da wußte ich nicht gleich, daß sie bleibende Früchte bringt. Unsere Kinder kamen wie andere Kinder auch in die übliche Trotzphase. Aber einmal gab es bei unserem etwa 3 Jahre altem Sohn eine Entgleisung, über die ich erschrak. Wir hatten Besuch, es ärgerte mich, daß sie amüsiert dabeistanden und sozusagen staunten, was so einem kleinen Knirps in seiner Wut einfällt. Er warf alles, was er gerade erreichen konnte und schrie dabei Sätze, die er bisher nie gehört hatte, z.B. "Ich mach alles kaputt." Schnell schickte ich den Besuch weg. Mein Mann und unsere Tochter gingen mit. Es war zuvor schon ein gemeinsamer Nachmittag in ihrem Garten geplant. Als ich mit dem Kind alleine war, nahm ich es mit festem Griff auf meinen Arm und ging so schweigend mit ihm auf den Balkon. Ich drückte es fest an mich und es war zu spüren, daß unser Sohn wohl selbst über sich erschrocken war. Nach einiger Zeit ging ich mit ihm in die Wohnung. Ich sagte, daß wir jetzt auch zu den anderen gehen, das war mit einem Fußweg verbunden. Fest nahm ich seine Hand, er muß gespürt haben, daß ich ihm helfen wollte, da raus zu kommen. Wir schwiegen bis wir bei den anderen waren. Zum Glück sprach niemand mehr vom Vorfall. In kürzester Zeit verhielt er sich so, als sei nichts vorgefallen und es blieb die einzige Entgleisung, über die ich erschrecken mußte.

An dieser Stelle muß ich berichten, daß es einmal eine Trotzreaktion unseres Sohnes gab, bei der ich in Versuchung kam, über den Einfall des kleinen Knirpses zu lachen. Zum Glück konnte ich mich beherrschen und so wurde unser Sohn nicht gereizt, die Sache zu wiederholen. Unser Sohn sollte essen und er hatte gerade keine Lust dazu. Weil er bei Übergehen von Hunger oft unleidlich wurde und schwer zum Essen zu bewegen war, deswegen drang ich darauf, daß er seinen Brei ißt. Wiederholt kam sein trotziges Nein. Plötzlich schaute er mich herausfordernd an, nahm den Teller in die eine Hand hielt ihn schräg und schob mit einem Löffel eine Portion nach der anderen auf den Boden. Er stand in der Küche (wischbarer Boden) und ich sah es vom Wohnzimmer aus, ohne sofort einschreiten zu können

Es passierte mir einmal ein Fehler, der mir sehr lange zusetzte. Wir hatten Besuch. Man sagte, daß das mitgekommene Kind in diesen Tagen sich rührend um die Mutter kümmerte, denn sie hatte einen grippalen Infekt. Unser Sohn war etwa ein halbes Jahr alt. Einen Tag nach Ankunft der drei Personen hatte er erstmals Fieber. Der Kinderarzt kam zu einem Hausbesuch, er befand, daß er das Medikament Baktriem (ein Sulfonamid?) einnehmen soll. Als mein Mann wegen dem Besuch etwas früher als sonst vom Büro heimkam, war der Kaffeetisch gedeckt, aber ich bat ihn, zuerst das Medikament aus der Apotheke zu holen. Eine Besucherin war ungehalten ("Das Kind schafft den Infekt auch ohne Bactrim.") Alle Gespräche gipfelten zuerst in versteckte Kritik (z.B., ich befasse mich zu sehr mit den Kindern) und am Schluß sagte man ganz offen: "Du hast eine Waschmaschine, du hast eine Spülmaschine, jetzt sag einmal, was machst du denn den ganzen Tag." Ich faßte die Vorwürfe zusammen: Ihr sagt also, ich mache mir ein schönes Leben und nütze dazu X (meinen Mann ) aus. Keiner der zwei Erwachsenen sagte daraufhin ein Wort. Ich hatte sie also ganz gut verstanden. Damals hatte ich unsere zweijährige Tochter und den ein halbes Jahr alten Sohn und meinen Mann zu versorgen. Nach dem Besuch teilte mein Mann mit, daß wir uns einen solchen Besuch nicht mehr gefallen lassen. Eine der beiden Besucherin kündigte uns nach einigen Monaten einen Good Will- Besuch an. Am zweiten Tag des Besuchs sollte mein Mann sie nach dem Mittagessen zum Bahnhof bringen. Während ich das Essen zubereitete, merkte ich, daß unsere Tochter Fieber hatte. Diesmal wollte ich nicht erneut Ärger.. Als dann nach dem Essen mein Mann den Besuch zur Bahn brachte, kümmerte ich mich sofort um unsere Tochter. Erschrocken stellte ich fest, sie hatte 40 Grad Fieber. Als mein Mann heim kam, fuhr ich sofort mit dem Kind in die Notaufnahme. Dort hatte unser Kinderarzt und ein Kollege von ihm Dienst, die Diagnose lautete: ein Infekt. Sofort nach der Untersuchung verabreichte ich dem Kind ein Fieberzäpfchen. Das hatte ich von zu Hause mitgenommen. Törichterweise wartete ich mit dem Zäpfche bis es zu spät war, das Krankheitsbild sollte unverändert vor den Arzt kommen. Als ich das Kind in den Kindersitz setzte, war es nicht mehr ansprechbar. Sofort kehrte ich in die Notaufnahme zurück. Da entlud sich der Fieberkrampf. Es war das Schrecklichste, was ich in meinem Leben sah: tiefblaues verzerrtes Gesicht .......Der Arzt hatte ihr eine Valiumspritze gegeben. Die beiden Ärzte waren auch so erschrocken, daß sie sich in der Zeitangabe über die Dauer des Krampfes deutlich widersprachen. Der Arzt sagte: Sehen sie hin, ob sie sich zu Hause noch auskennt. Einen Tag nach dem Fieberkrampf weinte sie unaufhörlich, auch als sie zu einer Nachuntersuchung beim Arzt war. Das blieb auch am nächsten Tag so. Als sie danach wieder etwas ruhiger war, sagte sie reichlich unvermittelt: "Mama, wenn ich wieder einmal sterbe, stirbst du mit." Niemand hatte vom Sterben geredet. Diesmal machte ich dem Besuch keine Vorwürfe. Nur mir selbst machte ich Vorwürfe. Das Kind mußte meine Feigheit und den faulen Frieden von Erwachsenen ausbaden. Es war ein deutlicher Fingerzeig Gottes. Als unsere Tochter als Erwachsene Signale der Behinderung spürte, sagten manche Ärzte schnell: "psychosomatisch" Wir wollen das nicht ausschließen, zumal die Behinderung sich nach dem abgeschlossenen Studium sich zeigte. Es gab Konflikte aus Gewissensgründen mit zwei Dozenten, die meiner Meinung nach Traumata auslösen konnten. Ich mache mir es aber nicht so leicht, einfach anderen die Schuld zu geben. Wer weiß, warum sie zwei Tage nach dem Fieberkrampf so unaufhörlich weinte. Und wer weiß, ob der Arzt nicht recht hat, der nach gründlichen Untersuchungen sagte: Es scheint ein organischer Kern die Ursache zu sein. An diesen Kern hat sich dann Psychisches dran gelagert. Vielleicht hat auch der Arzt recht, der nicht Psychisches meinte als er sagte: Manche Fieberkrämpfe in der Kindheit zeitigen Spätfolgen.

Mir fällt auf, daß in der Offenbarung des Johannes die Feigheit zu den folgenschweren Fehlhaltungen gezählt wird. Nicht selten wird heutzutage Feigheit und fauler verlogener Friede als Sanftmut und Friedfertigkeit belobigt,

 

15. Juli 2007

Es ist 10 Uhr 15 und gerade hörte ich über das Fernsehen (ZDF) etwas vom kath. römischen Selbstverständnis: Eine Frau sagt: Die Pilger kommen nach Rom zum Grab des Petrus und zum Nachfolger des Petrus, der der Stellvertreter Christi ist. Damit kommen sie zu Gott. Was soll der vorausgehende Lobpreis Gottes, wenn man ihn dann so klein und schäbig macht.

Heute Morgen hörte ich ein Stück der Radio Sendung über die orthodoxe Kirche. Es klang alles so wie eine Sendung zu Ehren eines berühmten Menschen. Es wird alles ins beste Licht gerückt. Es hat alles Tun und Lassen edle Hintergründe. Da sind Ikonen einfach nur Fenster Reich Gottes. Und ich erinnerte mich an verschiedene Aussagen von Repräsentanten der Orthodoxie. Demnach sind (überspitzt gesagt), Gott und die Heiligen verpflichtet im Bildnis gegenwärtig zu sein, wenn ein Beter vor einem solchen Bildnis betet. Was für ein handsamer Gott. Meine Überzeugung ist, daß das Gesetz Gottes , ihn nicht in Bildnissen zu ehren (anzubeten) nach wie vor gültig ist. Mit Bildern, das Evangelium nahezubringen, das ist etwas anderes als Anbetung. Manchmal hatte ich schon die Vermutung, daß es kein Zufall ist, daß der weltanschauliche Materialismus gerade im orthodoxen Raum Fuß fassen konnte.

Was ich allerdings am orthodoxen Glauben sehr schätze, das ist die Tatsache, daß es da zwar auch hierarchische Strukturen gibt, aber keinen Ersatz Gottes, keinen unfehlbaren Papst. In dieser Hinsicht kann ich nur vor faulem Frieden warnen.

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