Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben

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10. August 2008

Kürzlich schrieb ich in einem Internetbrief, daß anbiedernde Glaubensgespräche eine Versuchung sind, daß Allzumenschliches sich als Glaubensgespräch ausgibt. Dazu brachte ich ein konkretes Beispiel. Als heute in der evangelischen Radiosendung "Evangelische Perspektive" die jüdische Theologin Lapid über "Frömmigkeit zwischen Glaube und Freude" sprach, wurde mir zunächst bewußt, daß ich die alten Vorurteile gegen die sie sprach, schon lange abgelegt hatte. Sehr wachsam und wohlwollend las ich einst das Alte Testament. Unter wohlwollend verstehe ich, was mir einmal im Traum bestätigt wurde: "Eine begriffene Solidarität mit Gott." Frau Lapid beschrieb eine positive religiöse Bewegung, die von einem begnadeten Rabbi ausging. Vieles seiner Lehre, Frau Lapid, glich der Predigt des Nazarener Rabbi. So ganz nebenbei erfuhr die Zuhörerschaft, Jesus hat das Neue Testament gar nicht gekannt. Eine Frage an die Theologin: Wer hat den Neuen Bund eingesetzt?

Bei Vielem, was Frau Lapid über die besagte positive jüdische Glaubensbewegung sagte, fand sie meine Zustimmung. Ich dachte aber auch: Sei wachsam, ein Hammer kann listig verpackt daherkommen. Und dann erfuhr ich von einer weiteren Parallele zwischen dem jüdischen Rabbi und dem Nazarener Rabbi: Es wurde zu Lebzeiten nichts über sie und von ihnen aufgeschrieben. Und dann geschah das, was immer bei Erneuerern geschah: Es wurden Legenden erfunden. Nicht lange nach diesen Worten von den Legenden sprach ein Opfer der DDR Justiz im Fernsehen davon, daß man Legenden über ihn erfand. Wortwörtlich fügte er hinzu: "sprich Lügen."

Als ich meinem Mann von diesem Vortragsgipfel berichtete, sagte er: "Das ist doch der bewährte Trick, Jesus wird die Einmaligkeit geraubt. . Es geht aber nicht nur um Christus, sondern es wird auch Gott diese Einmaligkeit abgesprochen. "Man" weist nach wie sehr die Religionen einander gleichen (wie "egal" alles ist)." Letzteres will ich der jüdischen Theologin nicht unterstellen. Ich frage mich jedoch, ob mancher Christ und mancher Jude ernsthaft danach fragte: Wer ist dieser Jesus aus Nazaret? Der bereits verstorbene Mann der Theologin Lapid sagte einmal in einer Radiosendung: "Sollte sich am Ende herausstellen, daß Jesus der Messias ist..." Seine Schlußfolgerung habe ich leider vergessen.

 

11. August 2008

Als vor einiger Zeit die Frau des Politikers Lafontane öffentlich davon sprach, daß es für Säuglinge und Kleinkinder der persönliche Bezug zur Mutter oder zu einer stetigen Bezugsperson besser, sei als die Betreuung z.B. in einer Kinderkrippe, da gab es einen Aufschrei der Fortschrittlichen.

Wir haben zwei Kinder, jedes reagierte anders auf "Entzug" der Mutter.

Beim ersten Kind versuchte ich nach Ablauf des Mutterschutzes wieder in den Beruf zurückzukehren. Wir hatten eine Frau gefunden, die anscheinend verstand, worum es mir ging. Sie sollte einen Bezug zum Kind aufbauen. Es lag mir daran, daß unsere Tochter mich nicht vermißt, wenn ich im Beruf arbeite. Etwas betroffen war ich doch, als die Frau mir sagte, daß sie die während ihrer Zeit angefallenen etwas schmutzig gewordenen Windel für mich eingeweicht hat. Wenn das Kind schläft, würde sie mir gerne bügeln. Nun hatten wir zu der Zeit uns entschlossen, z.B.Bettwäsche nicht mehr zu bügeln. Wir wollten Zeit gewinnen für das Kind. Sollen wir den Entschluß fallen lassen, damit die Frau angenehme Beschäftigung hat und ich danach stehengebliebene Arbeit aus ihrer Zeit aufarbeite? Ich schwieg erst einmal. An einem anderen Tag hatte ich das Kind in ihre Wohnung gebracht. Es sollte sich an die andere Umgebung gewöhnen. Als ich es abholte, kam mir das Kind recht still vor. Es kamen gerade Bekannte bei der Frau vorbei. Eine Frau sagte: "Du warst beim Frisör, wie hast du es mit dem Kind gemacht." So erfuhr ich ganz nebenbei, daß unser Kind sich nicht nur in der neuen Umgebung zurechtfinden mußte, sondern auch gleich eine weitere Bezugsperson verkraften mußte: Die Mutter der Frau, die in der von uns bezahlten Zeit den Frisör aufsuchen mußte. Das alles drückte mich sehr.

Dann kam eine unerwartete Nachricht: Bei der etwa 12 jährigen Tochter der Frau wurde eine Erkrankung der Leber diagnostiziert. Weil ich Ansteckungsgefahr befürchtete, entschloß ich mich, die Berufsarbeit aufzugeben.

Im nachhinein denke ich, unsere Tochter hätte meine Abwesenheit leichter verkraftet als unser Sohn. Unsere Tochter hatte den gleichen Bezug zu meinem Mann wie zu mir. Unser Sohn nahm gerne die Spielangebote meines Mannes , sein Papa war ihm ein und alles. Und trotzdem paßte er immer gut auf, daß ich die "grüne" lange Hose anhatte, denn wenn ich diese Hausanzughose anhatte, ging ich nicht aus dem Haus. Ich sollte immer in seiner Nähe sein.

In einer bestimmten Altersphase reagierte er auf fremde Gesichter, sehr heftig. Einmal wollte mir ein fremder Mann helfen, das Kind samt Wagen die lange Treppe, die zu "unserem Haus" zu tragen. Ich beeilte mich, dem sportlichen Mann nach zukommen. Unten angekommen, setzte der Mann den Wagen samt Kind ab. Ich war erschrocken über das blaue Gesicht und über den weit geöffneten stummen Mund. Das Kind hatte einen Stimmriritzenkrampf vor Schrecken.

Wir mühten uns sehr, daß die Kinder Kontakt mit anderen Kindern hatten. Auch etwas größere Nachbarskinder lud ich in unsere Wohnung ein. Der Vermieter signalisierte, daß ihm das gar nicht recht war. Sein eigener Sohn durfte nur vor dem Haus mit Nachbarskindern spielen.

Weil auf einen Platz im Kindergarten noch lange gewartet werden mußte, deshalb übernahm mein Mann jeden Sonntag während des Gottesdienstes die kleine Kinderschar der relativ kleinen Runde der Besucher des Gottesdienstes. Einige Mädchen der Gemeinde halfen ihm. Als einmal eine Frau mich fragte, warum ich mich an dieser Arbeit nicht abwechselnd beteilige, hätte ich sagen können: Mein Mann kann so eine größere Kinderschar besser als ich betreuen, ich sagte aber das Vorrangige: Ich bin die ganze Woche beim Kinderbetreuen.

Es gab damals schon Angriffe von berufstätigen Müttern gegen mein "bequemes" Leben. Wer wie ich damals ein zweijähriges und ein sechs Monate altes Kind zu betreuen hat und den Haushalt führt, weiß, daß dabei wenig Zeit für Freizeit übrig ist. Eine Frau, die ihr Kind anderen übergab, um berufstätig zu sein sagte einmal wörtlich zu mir: "Du hast eine Waschmaschine und eine Spülmaschine, jetzt sag einmal, was du den ganzen Tag machst!" Die Spülmaschine sollte mir helfen, Zeit zu gewinnen, um fit zu werden für den Einstieg in die Arbeit als Berufsschullehrerin. Es war bekannt, daß die Vielfalt der möglichen Fächer ein breites Wissen erfordert. Hinzu kam, daß meine sehr verkürzte Schulzeit vor dem Studium mir das Gefühl gab, manches nachholen zu müssen. Doch in dieser Phase, in der ich gefragt wurde, was ich den ganzen Tag mache, hielten mich die beiden Kinder- trotz Spülmaschine- den ganzen Tag auf Trapp

Durch den Beruf meines Mannes wurden zwei Umzüge notwendig. So kam es, daß ich erst dann als unser jüngstes Kind eingeschult war, konkret an Rückkehr in den Beruf dachte. Beim ersten Anlauf in einer Berufsschule, sagte ich, daß ich eine Zusatzprüfung im Fach Religion habe, also neben den anderen Fächern Interesse habe, dieses Fach zu unterrichten.

Als dann später im Mai 1980 in einer anderen Berufsschule der Religionslehrer zur Kur ging, bevor er aus Altersgründen aufhörte, erinnerte man sich im Ordinariat, daß ich mein Interesse für das Fach Religion (nebenberuflich nur im Fach Religion)mitgeteilt hatte. Es war klar, daß ich damit auf eine Wiedereinstellung als Beamtin verzichte. Es war mir auch klar, daß ich mich voll auf dieses Fach konzentrieren muß. Später gab es eine Konstellation, daß ein Berufsschullehrer die Zusatzprüfung Religion abgelegt hatte Es gab eine Verordnung, daß er nur dann Religionsunterricht halten darf, wenn er eine bestimmte Stundenzahl im Fach Religion vorweisen kann. Damit das geschehen kann, sollte ich von ihm Sozialkundeunterricht übernehmen. Jeder wußte, dieser Lehrer hielt leidenschaftlich gerne Sozialkundeunterricht. Religion war ein Zusatzfach, das in dieser Schule gebraucht wurde. Damit die Verordnung eingehalten werden kann, sollte ich Sozialkunde halten. Dagegen wehrte ich mich vehement. Es gab nicht wenig Druck auf mich. Sogar der Chef der Schule in der Regierung schrieb an mich. Er machte mir bewußt, daß ich verpflichtet sei, Sozialkunde zu übernehmen, da ich ja die Befähigung dazu in der Ausbildung erworben habe. Ich blieb bei meinem Ungehorsam, auch wenn ich wußte, daß ich damit einfach weniger Religionsstunden halten darf.

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