Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben


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20. Oktober 2013

Die Predigt von Pastor Wegert (Arche TV) beim Sender Bibel TV am 19.10.2013 um 18:00 Uhr veranlaßte mich zu folgendem Hörerbrief an Bibel TV:


Im Alter von 15 Jahren litt ich an infektiösem Gelenkrheuma. Im Alter von 22 Jahren entwickelte sich die chronische Form dieser Krankheit. In einer Uniklinik sagte man mir, daß ich lebenslang Penizillin brauche. Und über medizinische Nachschlagewerke erfuhr ich, daß mir trotz Medizin das Siechtum drohe. Es wurde mir klar, ich will und kann deswegen nicht heiraten. Ich holte die Höhere Schule nach, um studieren zu können.

In einem Studentinnenheim hatte ich ein Zimmer, in dem im Sommer wie im Winter eine ganze Wand wegen der darunter liegenden Heizung warm war. Die Gelenkschmerzen wurden deutlich besser. Aber alle Ärzte verwiesen auf die frühere Diagnose und drangen auf die monatliche Penizillinspritze. Mit etwa 27 Jahren hatte ich das Glück, ambulant in die neu errichtete Rheumaklinik in München zum Chefarzt Schattenkirchner zu kommen. Ihn bat ich, den Versuch zu machen, die Penicillinbehandlung abzusetzen. Er willigte ein, von da an konnte ich mich als gesund ansehen.
Ich lernte meinen Mann kennen und wir heirateten.
Als ich die gestrige Predigt hörte, dachte ich, ich hätte mir in der Zeit, als ich in einer Berufsschule Religionslehrerin war, nicht erlaubt, so wie Paulus zu reden, daß es das Beste sei, wenn man unverheiratet bleibt.
Erschrocken war ich jedoch über die Aussage des Predigers: Ein Sünder und dann zwei Sünder und wenn ein Kind dazu kommt, drei Sünder. Das war wohl ein komischer Scherz. Gerade wenn man z.B. bedenkt, welchen Plan Gott mit Abraham und Sarah hatte. Ich weiß schon, daß die meisten geistlichen Lehrer mir nichts davon sagten, daß man Gott gerade bei wichtigen Entscheidungen anrufen kann und daß er – so es sein Wille ist – Hilfe (Signale, Zeichen) geben kann. Es hat mir im Leben oft geholfen, daß ich Jesu Weisung „nur einer ist euer Vater...“ und „nur einer ist euer Lehrer...“ ernst genommen habe.
Paulus kennt Jesu Worte in der „Sache“ nicht, wenn er in seinem großen Eifer sagt, er wolle für Gott Kinder zeugen. Die Theologen verkomplizieren diese Aussage und reden von „geistlichen“ Kindern. Hat Jesus etwa gewollt, daß Kinder zu ihren Vätern nicht mehr Vater sagen sollen? Es ging Jesus doch um den Vater im Himmel.

Mein Mann ist Zeuge, daß in dem Moment, in dem ich tippte: „für Gott Kinder zeugen“ ein kleiner Notizzettel aus einem Buch auf den Boden fiel. Darauf war mit rotem Kugelschreiber von mir Folgendes geschrieben: „Mk 7,8 ...Ihr setzt euch über die Gebote Gottes (Weisungen Gottes) hinweg und ersetzt sie durch eure Vorschriften.“ Links schrieb ich quer: „Ihr Gottesdienst = wertlos“, oben schrieb ich: „S.103“. Auf der Rückseite hatte ich geschrieben „S.65 verehrter Meister anredet“. Solche Notizzettel schrieb ich, als ich an meinem letzten Buch arbeitete.
Es ist möglich, daß Andere das keineswegs als Fügung ansehen. Aber, was ist von folgendem „Zufall“ zu halten: Paulus sagt an anderer Stelle zu Recht, daß er Hebamme sei für das Wort Gottes. Meine Mutter starb früh, rechts von ihrem Grab war das Grab ihrer Hebamme, sie half meiner Mutter bei der Geburt ihrer vier Kinder. Diese Hebamme hieß
Maria Paul.

Jesus sagt, daß Menschen um des Reiches Gottes willen ehelos bleiben können. Wenn Paulus rät, unverheiratet bleiben zu sollen, weil sie so in schweren Zeiten weniger belastet seien, dann erinnere ich an Jesu Rat, darum zu beten, daß die Flucht nicht in den Winter fällt. Ich denke, mancher Geistliche hatte zwar zuerst gute Motive für seinen Beruf, aber dann lebte er später so, als hätte er sie nie gehabt. Das fiel mir ein, als mein Mann las, was im Internet als Überschrift über dieser Predigt stand: „diejenigen, die Frauen haben, als hätten sie keine.“ Es ist ja richtig, in allen Situationen die rechte Distanz zu leben. Und doch gilt, wer Gott und den Nächsten und auch sich selbst aus einem reinen Herzen heraus liebt, ist wirklich frei für diese rechte Distanz zum Irdischen.

Ich hatte fast den Eindruck, der Prediger wollte mit seiner Leidenschaft, mit der er betonte, wie kurz die Zeit bis zur Ewigkeit ist, sagen: Es lohnt sich doch gar nicht zu heiraten. Jesus sagt, daß wir im neuen Leben nicht mehr verheiratet sein werden. Das sagte er gerade denen, die fragten, wem die Frau gehört. (Mk 12,25) Könnte es nicht sein, daß wir im Paradies und auch im Himmel uns mit denen gut verstehen, die uns halfen auf dem Weg zu Gott? Das können Geistliche sein, es kann mein Ehemann sein, es können unsere Kinder und Verwandten sein. Es können Kollegen sein und auch Bekannte. Es können Fremde sein, denen wir helfen, und die uns helfen. Ich erinnere an Jesu Wort, daß wir uns Freunde mit dem ungerechten Mammon machen sollen.
In der Schrift ist nicht jedes Wort Gottes Wort, es gibt zeitbedingte Menschenworte, zum Beispiel Sirach. In Sirach 1,5 bittet der Verfasser selbst um Nachsicht, „wo wir etwa einige Worte nicht recht getroffen haben, obwohl wir uns bemühten gut zu übersetzen“, und doch bringt er erstaunliche, aktuelle Aussagen und der Leser spürt Gottes Geist. Ich denke in diesem Zusammenhang auch an Kohelet. Er bringt Aussagen, die an einen alten zynischen Mann denken lassen und doch spricht er auch  prophetische, also wahre Worte aus. Ich erinnere an Paulus und sein Menschenbegehren, für Gott Kinder erzeugen zu wollen, und wie richtig er seinen Dienst als Hebamme sieht.
Jesus half mir mit seinem Wort, daß vom Gesetz und den Propheten kein Jota gestrichen wird, daß ich mich lange Zeit auf Jesu Worte und dann auch auf das Gesetz und die Propheten konzentrierte. Es blieb aber auch viel Interesse für „alles“. So stieß ich immer wieder auf kostbare Funde, obwohl ich wachsamer, ja teilweise auch kritischer an manche biblischen Texte heranging.
Manchmal gleiten Zeugen Jesu nicht gerade in unwahre Aussagen ab, aber sie hinterlassen übertriebene Erwartungen für hier und jetzt. Wenn z.B. Joyce Meyer Jesus richtig zitiert, indem sie sagt: „Ich bin gekommen, daß ihr das Leben habt und es in Fülle habt.“ Wenn sie dann aber sagt, wir können und sollen es in vollen Zügen genießen, dann erinnere ich daran, daß auch hier Gottes Stimme uns hilft, daß wir sowohl den Überfluß dankbar erleben können, aber nicht enttäuscht sind, wenn ruhige, nüchterne Erlebnisse dran sind. Wer wachsam und nüchtern nach Gottes Plan lebt, wird erfassen, was Kohelet sagt: Es gibt für alles eine Zeit (bisher so, jetzt aber anders). Wer gehorsam lebt, wird manchen schmalen Weg gehen müssen.


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„Vom verdorbenen und vom guten Sauerteig" von Sieglinde Jehle
ISBN 3-8267-5424-7
Cornelia Goethe Literaturverlag, 60314 Frankfurt a M

„Damit das Salz seine Kraft nicht verliert“ von Sieglinde Jehle
ISBN 978-3-86761-099-5
Machtwortverlag, 06847 Dessau

„Sich öffnen für die Wahrheit und das Licht“ von Sieglinde Jehle
ISBN 978-3-86761-115-2
Machtwortverlag, 06847 Dessau